Der Fuchs, Film von Adrian Goinger
(c) ORF TOPOS: „Ich hab mich in der Zeit total reingefuchst in das Thema, hab viel gelesen, auch historische Tagebücher und Briefe, hab Zeitzeugen in Altersheimen befragt und viel altes Filmmaterial gesichtet“, so Goiginger. Eine Dialektforscherin half, den selten gewordenen Pinzgauer Dialekt authentisch zu treffen, den Franz und seine Familie im Film sprechen. Und Goiginger ließ sich von mehreren Historikern beraten, darunter der Salzburger Historiker Rudi Leo, selbst Sohn eines „Annehmkindes“.
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Ein Fuchswelpe wird für einen jungen Soldaten zur wichtigsten Bezugsfigur: Adrian Goigingers dritter Film „Der Fuchs“ handelt von Kindheit und Jugend seines Urgroßvaters und dessen bitterarmer Herkunft als Pinzgauer Bergbauernbub.
Mit Konflikten umzugehen hat der junge Soldat Franz Streitberger (gespielt von Simon Morzé) nie gelernt. Als ihn die Kameraden zurechtweisen, weil er sich ein Stück Käse einstecken will, anstatt zu teilen – „Wir sind wie eine Familie! Verstehst du überhaupt, was das ist?“ –, kann Franz nur frustriert wegrennen, in den Wald, und ein paar Bäume anschreien. Und dann hört er ein leises Fiepen. Hinter ihm kauert ein verletzter Fuchswelpe, dessen Mutter in einer Falle gestorben ist. Auf einmal hat der Franz eine Aufgabe gefunden.
„Der Fuchs“ ist der dritte Film des Salzburger Regisseurs Goiginger, und wie schon sein Debüt „Die beste aller Welten“ (2016), in dem es um Goigingers eigene liebevolle Kindheit als Sohn einer heroinsüchtigen Mutter ging, beruht auch das neue Drehbuch auf einem Stück authentischer Familiengeschichte: Der echte Franz Streitberger war Goigingers Urgroßvater, 1917 geboren als jüngstes von zehn Geschwistern auf einem Bergbauernhof in Saalfelden.
Waisenkind aus Armut
Die entsetzliche Not im Pinzgau der Zwischenkriegszeit zwang seine Eltern dazu, das kaum achtjährige Kind wegzugeben, zu einem Großbauern, wo er zwar genug Nahrung und einen Schlafplatz, aber keine Zuneigung bekam. Ein Trauma, das er auch viel später nie überwand. „Leider war das Schicksal meines Urgroßvaters nicht einzigartig“, sagt Goiginger im Topos-Interview.
„Es gab in Österreich sehr viele Kinder, die weggegeben wurden“, Annehmkinder genannt, die oft ihre ganze Kindheit lang als Knechte und Mägde in De-facto-Sklaverei schuften mussten. Dieses wenig bekannte Schicksal der Annehmkinder ist in „Der Fuchs“ Ausgangspunkt für die Geschichte von Franz, der erst mit Erreichen der Volljährigkeit die Knechtschaft aufkündigen darf. Seinem Vater (Karl Markovics) kann er dessen Entscheidung nie verzeihen.
Seinem Urenkel Adrian erzählte Streitberger gerne aus seiner Kindheit, aber auch aus seiner Zeit als Soldat bei der deutschen Wehrmacht. „Er war später strammer Sozialist und hat immer auf den Hitler geschimpft. Aber vom Krieg hat er mit großer Faszination erzählt“, erinnert sich Goiginger, der als 14-Jähriger begann, diese Gespräche mit dem Diktafon festzuhalten. Schon damals hatte er das feste Vorhaben, Regisseur zu werden, auch wenn der Urgroßvater das noch nicht ernst nahm: „Er musste immer lachen, wenn ich zu ihm sagte: ‚Uropa, irgendwann mache ich einen Film aus deinem Leben!‘.“
Vater-Sohn-Geschichte
Eine dieser Erinnerungen handelte nicht von Krieg und Armut, sondern von einem kleinen Fuchs: „Da kimmt a kloaner Fuchs daher … a Hund, hab i zerst gmeint, a junger“, auf der Aufnahme ist der Urgroßvater hörbar bewegt. Für Goiginger ist diese Erzählung zentral in der Biografie seines Urgroßvaters: „Bei der Erzählung ist er so emotional geworden, und das war er sonst eigentlich nie als Mensch. Und das hat mich wiederum so berührt, dass ich mir gedacht hab, dem muss ich auf den Grund gehen.“
„Er ist ja weggegeben worden als Kind. Ich hab dann versucht, aus der Geschichte mit dem Fuchswelpen eine emotionale Vater-Sohn-Geschichte zu machen.“ Die viele Stunden langen Aufnahmen von Streitbergers Erinnerungen wurden zur Grundlage für Goigingers „Fuchs“-Drehbuch, ebenso wie Hunderte Fotos, die Streitberger aus dem Krieg mitbrachte. Nach vielen Jahren Verzögerung ist der Film nun fertig, einmal war der trainierte Fuchswelpe gestorben, dann wieder kam die Pandemie dazwischen. Dafür hatte Goiginger noch mehr Zeit, sich inhaltlich vorzubereiten, was „letztlich ein Glück“ war, wie er sagt.