Archiv des Autors: Claudia

Nachstellung des 1. Engerau-Prozesses

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Von 14. bis 17. August 1945 fand im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien der erste Prozess wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen statt. Angeklagt waren vier ehemalige SA-Männer, denen die Ermordung von ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern, die im Lager Engerau Sklavenarbeit beim Südostwallbau leisten mussten, zur Last gelegt wurde. Drei der Angeklagten wurden zum Tode, ein Angeklagter zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.

Informationen zum 1. Engerau-Prozess:
http://www.doew.at/erinnern/fotos-und-dokumente/1938-1945/das-volk-sitzt-zu-gericht/1-engerau-prozess-1945

Am 26. Oktober 2015 wurde vor 250 BesucherInnen im Beisein von Justizminister Wolfgang Brandstetter dieser erste österreichische NS-Prozesses – der 1. Engerau-Prozesses – statt. Die zweieinhalbstündige Aufführung wurde durch ein Team von Wien.TV aufgezeichnet, die Firma Videoandré produzierte daraus eine DVD.

DVD „Das Volk sitzt zu Gericht“
Nachstellung des 1. Engerau-Prozesses im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien
© Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, Wien
Historische Kontextualisierung und Texte: Claudia Kuretsidis-Haider
Preis: 15 Euro
Bestellung:
claudia.kuretsidis@nachkriegsjustiz.at
Kontoverbindung:
BIC: BKAUATWW | IBAN: AT43 1200 0502 8700 4500
lautend auf Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz

Fotos: Ulrike Garscha

Gedenktafelenthüllung 29.3.2017 Medienberichterstattung

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Gedenktafelenthüllung 29.3.2017 Medienberichterstattung

Österreichische Medien:

http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/5185576/Das-Lager-Engerau_Und-hoerte-ich-sie-stoehnen

http://volksgruppen.orf.at/m/slovaci/stories/2836269/

Volksgruppen-TV-10.4.2017

https://www.justiz.gv.at/web2013/home/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen_2017/trilaterales_justizministertreffen_in_engerau_gedenken_an_ungarisch-juedische_zwangsarbeiter~2c94848a5af59e24015b19aec85708a2.de.html

Presseinformation-BMJ-29.3.2017

http://www.tt.com/home/12803273-91/slowakei-gedenktafel-für-ungarische-juden-von-engerau-enthüllt.csp

Slowakische Medien:

http://www.tvnoviny.sk/domace/1863958_v-petrzalke-odhalili-pamatnu-tabulu-madarskym-zidom-z-pracovneho-tabora-engerau

http://www.ta3.com/clanok/1102868/v-petrzalke-odhalili-pamatnu-tabulu-madarskym-zidom-z-engerau.html

Bericht-im-slowakischen-Fernsehen-29.3.2017

http://www.info.sk/sprava/128143/v-petrzalke-odhalili-pamatnu-tabulu-madarskym-zidom-z-pracovneho-tabora-engerau/

Info.sk-29.3.2017

 

 

Fotogalerie

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Fotos von Winfried R. Garscha, Ulrike Garscha, Hans Hautmann, Rudolf Leo, Oliver Scheiber

 

Gedenktafel am Restaurant Leberfinger

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Gedenktafel am Restaurant Leberfinger

 

Am 29. März 2017 haben die Justizministerin und die Justizminister der Slowakei, Österreichs und Ungarns Lucia Žitňanská, Wolfgang Brandstetter und László Trócsányi eine Gedenktafel für die Opfer des Lagers Engerau enthüllt.

Künstler: Vladimír Chovan (Atelier 007, De­le­ná 7, Bratislava 841 07)

Finanzierung:
Nationalfonds der Republik Österreich
Zukunftsfonds der Republik Österreich
Österreichisches Bundesministerium für Justiz
Privatpersonen

Das heutige Restaurant Leberfinger, Viedenská cesta, 851 01 Bratislava-Petržalka, war von De­­zember 1944 bis Ende März 1945 Teil des Lagers Engerau.
Anfang Dezember kamen ca. 2.000 ungarische Juden in geschlossenen Waggons auf dem Bahnhof in Engerau an. Die deut­­sche Bauleitung „Unterabschnitt Engerau” ließ Gruppen zu je 120-150 Mann zu­sam­men­­stellen. Die Juden wurden in alten Baracken untergebracht, aber auch in Bauernhöfen, Scheu­­nen, Ställen und Kellern, also direkt bei der Ortsbevölkerung.
Wie in den anderen Lagern entlang des „Südostwalls” wurden die Juden von der SA sowie von „Politischen Leitern” bewacht. Die SA-Wache unterstand Scharführer Edmund Kratky, der später von Scharführer Erwin Falkner abgelöst wurde. Das Hauptquartier der SA, die von SA-Un­terabschnittleiter Gustav Terzer befehligt wurde, befand sich in Kittsee. Für die „Po­li­ti­schen Leiter” zuständig war NSDAP-Ortsgruppenleiter Karl Staroszinsky.
Die Arbeitseinsatzorte befanden sich zwischen der damaligen deutsch-ungarisch-slo­wa­ki­schen Grenze und Berg-Hainburg-Kittsee. Die sanitären Verhältnisse waren unvorstellbar, die Leute mussten hier unter furchtbaren hygienischen Bedingungen hausen. Von Dezember bis Februar gab es kein Wasser, weil die Brunnen eingefroren waren, die Menschen starben zu­­hauf sowohl an den Verhältnissen im Lager als auch aufgrund von Erschöpfung bei der an­stren­­genden Arbeit des Schanzens sowie weil sie von der zum Großteil aus Wien stam­men­den SA-Wachmannschaft bzw. von den sie beaufsichtigenden Politischen Leitern miss­han­delt und getötet wurden. Eine slowakische Untersuchungskommission exhumierte im April 1945 460 Tote.
Das 300 Jahre alte Gasthaus Leberfinger an der Donau war eine Einkehrstätte, unter an­de­rem für Gäste aus Wien, und hatte aus der Zeit des Verkehrs mit Pferdefuhrwerken ein Stall­ge­­bäude mit einem Dachboden, um für die Pferde der Reisenden Unterkunft zu ge­währ­leis­ten.
Angehörige der SA-Wachmannschaft bezeichneten den Dienst im Lager Leberfinger als „am schöns­­ten und leichtesten”. Generell kamen die SA-Männer gerne hierher, um Wein zu trin­ken. Die Juden waren in einem großen, lan­gen Schuppen – ein ehemaliger Pferdestall – mit zwei Eingängen „untergebracht”. Dieser stand parallel zum Privatgebäude, aus dessen Kü­che man auf die Eingänge des Schuppens se­hen konnte. Im oberen Teil des Schuppens war ein Raum, der wahrscheinlich zur Auf­be­wah­rung von Heu und Stroh gedient hatte. Die Ju­den mussten über eine Leiter he­run­ter­stei­gen. Der ehemalige Häftling Ernö Honig beschrieb die Unterkunft folgendermaßen:

„Wir schliefen dort […] in einem Stall mit betoniertem Boden ohne jede Unterlage und ohne Hei­­zung, sodass von uns, als wir Engerau verließen, nur mehr wenige am Leben waren. Die üb­ri­gen wurden teils bei der Arbeit erschlagen, teils starben sie an Erschöpfung oder den Fol­gen von schweren Erfrierungen. Es war uns verboten, uns zu waschen und wir waren des­halb vo­ller Läuse und voll von Furunkeln und anderen eiternden Wunden.“

Nachdem von der zuständigen Kreisleitung der Befehl zur Evakuierung des Lagers er­gan­gen war – die Gefangenen sollten zu Fuß nach Bad Deutsch-Altenburg marschieren, um von dort per Schiff nach Mauthausen transportiert zu werden – traf der Lagerkommandant Erwin Falk­­ner die Entscheidung, die „nicht-marschfähigen” Häftlinge liquidieren zu lassen und stell­­te ein Sonderkommando zusammen. Zwischen 17 und 18 Uhr des 29. März 1945 mar­schier­­ten mehrere Angehörige des Sonderkommandos zunächst in das Lager Wiesengasse und er­schos­sen dort ca. 60 „marschunfähige” Lagerinsassen. Eine andere Gruppe des Son­der­­kom­mandos begab sich zum Gasthaus Leberfinger und liquidierte im Stall zumindest 13 Häft­­linge, die sich auf die Frage, wer nicht mitkommen könnte, gemeldet hatten. Die dra­ma­ti­­schen Ereignisse im Hof des Gasthauses schilderte die Wirtin Leberfinger am Tag darauf dem Gen­dar­men des Gendarmeriepostens Hainburg Karl Brandstetter und dem Po­li­zei­re­ser­vis­­ten Jo­hann Hartl, die die ersten Ermittlungen zur Aufklärung des Verbrechens führten. Im Zu­­ge der volksgerichtlichen Untersuchungen im Sommer 1945 gab Brandstetter dies­b­e­züg­lich zu Pro­tokoll:

„Wir gingen in das Gasthaus Leberfinger in Engerau, um dort einen warmen Kaffee zu trin­ken. Die Wirtin, Frau Leberfinger, sagte zu uns: ‚Heute bekommt ihr noch etwas, aber mo­r­gen nicht mehr. Denn erstens sind die meisten Angestellten evakuiert worden und zweitens blei­­be ich nicht länger in dieser Leichenkammer.’ Frau Leberfinger sagte uns, dass in ihrem Haus dreizehn erschossene Juden liegen. Wir ersuchten sie, uns die Leichen zu zeigen, was Frau Leberfinger mit der Bemerkung ablehnte, sie könne so etwas Grauenvolles kein zweites Mal ansehen. Sie sagte uns, wir sollten uns die Leichen alleine besichtigen. Wir gingen nun in das ehemalige Stallgebäude, wo sich das Lager für die Juden befand. Dort lagen Hab­se­lig­kei­ten der Juden verstreut umher. Im Hintergrund sahen wir schon einige Leichen liegen. Die Lei­­chen hatten Kopfschüsse und lagen in einer Blutlache. Sämtliche Leichen trugen den Ju­den­­stern. Im Hofraum lag auf einer Pritsche eine Leiche, die mehrere Schüsse, teils im Kopf, teils in der Brust aufwies. Diese Leiche war nur mit einem Hemd und einer langen Stoffhose be­­kleidet. Auch in der Nähe der Latrine, die im Hofe war und eigens für die Juden bestimmt war, lagen zwei der drei Leichen, ebenfalls durch Kopfschüsse getötet. Der Anblick der Le­i­chen war grauenhaft. Wir gingen noch im Hof umher und sprachen dann mit der Gastwirtin, wie sich die Ermordung zugetragen hat. Frau Leberfinger erzählte uns nun, dass die po­li­ti­schen Leiter am 29. März 1945 (Gründonnerstag) um ca. 22 Uhr die Juden zum Abmarsch an­tre­­ten ließen. Es meldeten sich eben diese 13 Juden, dass sie krank seien und nicht mar­schie­ren können. Darauf sagten die politischen Leiter, diese 13 Juden würden später abgeholt wer­­den. Als nun die marschfähigen Juden aus dem Hause marschierten, kamen schon einige po­­litische Leiter oder SA-Männer, die Uniformen kenne sie nicht so genau, zum Tor herein, gin­­gen in das Stallgebäude wo sich die nicht marschfähigen Juden befanden und in wenigen Mi­­nuten hörten wir schon eine wilde Schießerei sowie verzweifelte Hilferufe. Sie konnte dies nicht weiter anhören und lief in das Haus zurück. Weitere Angaben konnte Frau Leberfinger nicht machen.“

Der Text der Gedenktafel ist in slowakischer, ungarischer, deutscher und hebräischer Sprache zu lesen:

Deutsche Version:

„Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befand sich von November 1944 bis März 1945 in Petržalka (Engerau, Pozsonyligetfalu) ein Lager für ungarisch-jüdische Zwangs­ar­­beiter, die am „Südostwall“ Schanzarbeit leisten mussten. Die ca. 2.000 ungarischen Juden wa­­ren zwangsweise unter unmenschlichen Bedingungen in mehreren Teillagern einquartiert. Ei­nes der Teillager befand sich im Nebengebäude des damaligen Gasthauses Leberfinger. Im Zu­­ge der Evakuierung der Gefangenen in das KZ Mauthausen wurden hier am 29. März 1945 min­­destens 13 Häftlinge von Wiener SA-Männern grausam ermordet.

Ehre Ihrem Andenken!

An die 1945 von einer slowakischen Untersuchungskommission exhumierten 460 Toten des La­­gers Engerau, darunter die mehr als 100 Opfer des Evakuierungsmarsches, erinnern ein Mahn­­mal auf dem Friedhof von Petržalka sowie Gedenksteine in Wolfsthal und Bad Deutsch-Al­ten­burg.

Wir vergessen weder die Leiden der Opfer noch die Verbrechen der Täter.

Niemals wieder!“

Archiv

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9. Februar 2020

Filmmuseum:
Simon Wiesenthal im Interview: „Nazis sollten uns nicht regieren!“

Anschließend: Dagi Knellessen und René Bienert, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien/VWI, im Gespräch mit Claudia Kuretsidis-Haider, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, und Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften

Danksagung

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Herzlichen Dank für den Erwerb eines Bausteins für die Gedenktafel am Restaurant Leberfinger in Bratislava-Petržalka

Bislang an Spenden eingelangt sind:
1.790,- Euro

Waltraud Barton
Ilse Anna Böhm
Helfried Carl
Albert Dlabaja
Elisabeth Fritsch
Adolf Haider
Roswitha Hammer
Maria Magdalena Heidenreich
Helga Jesu
Roberto Calmar
Karoly Kengyel
Michael und Doris Kerbler
Nora Kluger
Elisabeth Kopp
Elisabeth Kraul
Martin Krist
KZ-Verband Niederösterreich
KZ-Verband Wien
Rudolf Leo
Gertraude Lukesch
Gerhild Machreich
Sigrid Massenbauer
Roland und Brigitte Miklau
Raoul Narodoslavsky (Firma Fortstree)
Elfriede und Franz Otto
Johanna Paukovits
Heinrich G. Ruf
Renate Sassmann
Gerald Schmickl
Gabriela Schmoll
Elisabeth Thanel
Brigitte Ungar-Klein
Franz und Hanni Wagner
Corinna Weiss
Margit Wolf
Gudrun Wolfgruber
Rose Wolfik
Eva Zemann
Regina Zodl

Gedenkfahrt nach Engerau 29.3.2017

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17. Gedenkfahrt nach Engerau/Petržalka
mit Enthüllung einer Gedenktafel für die ermordeten ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter des Lagers Engerau am Restaurant Leberfinger

Veranstalter:
Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am DÖW

Bericht Engeraufahrt 2017

Video zur Gedenkfahrt
(von Renate Sassmann)
https://www.youtube.com/watch?v=GO-ac7Wxi_M

⇒ Programmfolder:
http://www.nachkriegsjustiz.at/aktuelles/folder_engerau_2017.pdf

Fotogalerie

Fotos von Winfried R. Garscha, Ulrike Garscha, Hans Hautmann, Rudolf Leo

Claudia Kuretsidis-Haider vor dem Mahnmal auf dem Friedhof von Petržalka

Ansprache von Eleonore Lappin auf dem Friedhof von Petržalka

Gedenkkundgebung auf dem Friedhof von Petržalka

Winfried Garscha verliest die Namen der ermordeten ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter auf dem Friedhof von Petržalka

Der österreichische Botschafter S.E. Helfried Carl und sein Stellvertreter Georg Kilzer gedenken der Opfer des Lagers Engerau bei der Gedenkkundgebung auf dem Friedhof von Petržalka

Der slowakische Oberrabbiner Baruch Myers spricht den Kaddish bei der Gedenkkundgebung auf dem Friedhof von Petržalka

Die slowakische Justizministerin Lucia Žitňanská, der österreichische Justizminister Wolfgang Brandstetter und der ungarische Justizminister László Trócsányi enthüllen am Restaurant Leberfinger die Gedenktafel für die ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter des Lagers Engerau

Der slowakische Oberrabbiner Baruch Mayers spricht den Kaddish vor der Gedenktafel am Restaurant Leberfinger

Ansprache von Claudia Kuretsidis-Haider beim Mahnmal auf dem Friedhof von Petržalka

Winfried Garscha verliest die Namen der ermordeten ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter auf dem Friedhof von Petržalka

Claudia Kuretsidis-Haider an der Stelle des Massengrabes für die ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter vor dem Friedhof von Petržalka

Maestro Jack Martin Händler spielt ein jüdisches Trauerlied bei der Gedenktafelenthüllung am Restaurant Leberfinger

Verlesung einer Zeugenaussage beim Kriegerdenkmal in Wolfsthal

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schenken Sie eine Gedenktafel

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See english version below!

Schenken Sie eine Gedenktafel – Die Bausteinaktion läuft weiter

Bankverbindung der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz:
IBAN: AT43 1200 0502 8700 4500
BIC: BKAUATWW

Bausteinaktion für die Herstellung und Anbringung einer Gedenktafel für ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter am Res­taurant Leberfinger, Bratislava

Im heutigen 5. Bezirk der slowakischen Hauptstadt Bratislava, in Petržalka, hatten die Nati­o­nal­sozialisten von Dezember 1944 bis März 1945 ein Lager für ungarisch-jüdische Zwangs­ar­bei­ter eingerichtet. Die ca. 2.000 ausschließlich männlichen Gefangenen mussten Skla­ven­ar­beit im Rahmen des so genannten Südostwallbaues leisten, eine militärisch sinnlose und viele Opfer fordernde Maßnahme, um die vorrückende Rote Armee in ihrem Vormarsch Rich­tung Westen aufzuhalten. Die Juden wurden in alten Baracken untergebracht, aber auch in Bauernhöfen, Scheunen, Ställen und Kellern, also in unmittelbarer Nähe der Ortsbe­völ­ke­rung, teilweise sogar in ihren Häusern. Das Lager in Engerau, wie die damalige Ortschaft an der Donau bei Bratislava hieß, bestand aus mehreren Teillagern. Die Arbeitseinsatzorte be­fan­den sich im damaligen deutsch-ungarisch-slowakischen Grenzgebiet. Die ungarischen Ju­den waren gezwungen, unter furchtbaren hygienischen Bedingungen zu hausen. Die Ge­fan­ge­nen wurden von SA-Männern sowie „Politischen Leitern” bewacht, die zum größten Teil aus Wien stammten. Als das Lager Engerau am 29. März 1945 in Richtung KZ Mauthausen eva­kuiert wurde war knapp ein Viertel der ungarischen Juden tot: umgekommen vor Hunger und Kälte, erschossen, erschlagen zu Tode gequält von den Wachmannschaften.

Im Nebengebäude des heutigen Restaurants Leberfinger in der Viedenská cesta in Bratis­la­va, direkt an der Donaupromenade gelegen, befand sich eines der Engerauer Teillager. Die Ju­den waren in einem ehemaligen Pferdestall einquartiert.
Der ehemalige Häftling Ernö Honig schilderte die dortigen Lebensbedingungen:

„Wir schliefen […] in einem Stall mit betoniertem Boden ohne jede Unterlage und ohne Hei­zung, sodass von uns, als wir Engerau verließen, nur mehr wenige am Leben waren. Die übri­gen wurden teils bei der Arbeit erschlagen, teils starben sie an Erschöpfung oder den Folgen von schweren Erfrierungen. Es war uns verboten, uns zu waschen und wir waren deshalb vo­ller Läuse und voll von Furunkeln und anderen eiternden Wunden.“

Im Zuge der Evakuierung des Lagers Engerau liquidierte ein aus Angehörigen der Wach­mann­schaft zusammengesetztes „Sonderkommando“ zumindest 13 Häftlinge des Teillagers Le­ber­finger.

Am 29. März 2017, also 72 Jahre nach den Verbrechen, wurde am Restaurant Leberfinger eine Gedenktafel enthüllt. Sie wurde vom slowakischen Künstler Vladimír Chovan (Atelier 007, De­le­ná 7, Bratislava 841 07) angefertigt.
Das Erinnerungszeichen soll nicht nur an die er­mor­de­ten Juden des Massakers am 29. März, sondern an alle Opfer des Lagers Engerau erinnern.

Der Text lautet:

Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befand sich von November 1944 bis März 1945 in Petržalka (Engerau, Pozsonyligetfalu) ein Lager für ungarisch-jüdische Zwangs­arbeiter, die am „Südostwall“ Schanzarbeit leisten mussten. Die ca. 2.000 un­ga­ri­schen Juden waren zwangsweise unter unmenschlichen Bedingungen in mehreren Teil­la­gern einquartiert. Eines der Teillager befand sich im Nebengebäude des damaligen Gast­hau­ses Leberfinger. Im Zuge der Evakuierung der Gefangenen in das KZ Mauthausen wurden hier am 29. März 1945 mindestens 13 Häftlinge von Wiener SA-Männern ermordet.

Ehre Ihrem Andenken!

An die 1945 von einer slowakischen Untersuchungskommission exhumierten 460 Toten des La­gers Engerau, darunter die mehr als 100 Opfer des Evakuierungsmarsches, erinnern ein Mahn­mal auf dem Friedhof von Petržalka sowie Gedenksteine in Wolfsthal und Bad Deutsch-Altenburg.

Wir vergessen weder die Leiden der Opfer noch die Verbrechen der Täter.
Niemals wieder!

Initiative: Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz

Der Text der Gedenktafel ist in slowakischer, ungarischer, deutscher und hebräischer Spra­che zu lesen.

Das Projekt wurde vom Nationalfonds der Republik Österreich und vom Bundesministerium für Justiz finanziell unterstützt.
Allerdings reicht die Förderung nicht aus für die Herstellung der Gedenktafel sowie die Übersetzungs- und sonstigen Gestehungskosten. Wir haben daher eine Bausteinaktion zur Finanzierung die­ses wichtigen Vorhabens ins Leben gerufen. Angesprochen werden soll – im Sinne der Her­ausbildung eines transnationalen Gedächtnisraumes – die österreichische und slo­wa­ki­sche Zivilgesellschaft. Es besteht die Möglichkeit, einen symbolischen Baustein in der Höhe von 10,- Euro, 50,- Euro oder 100,- Euro zu erwerben. Selbstverständlich sind Spenden mit jeder anderen Summe auch möglich.

  • Für einen Baustein von 10,- Euro erhalten Sie die DVD „Nachstellung des 1. Engerauprozesses im Landesgericht Wien“ (nähere Informationen siehe http://www.nachkriegsjustiz.at/aktu­el­les/Enge­rau_DVD_2016.php).
  • Für einen Baustein von 50,- Euro erhalten Sie den Katalog „Engerau: The Forgotten Sto­ry of Petržalka“ (http://www.engerau.info/catalogue/).
  • Für einen Baustein von 100,- Euro erhalten Sie die DVD „Nachstellung des 1. En­ge­rau­pro­zesses im Landesgericht Wien“ und die Publikation „Engerau: The Forgotten Story of Petr­žalka“.
  • SpenderInnen, die mehr als 200 Euro geben, erhalten zusätzlich noch das Buch: Ku­ret­si­dis-Haider, Claudia: „Das Volk sitzt zu Gericht“. Österreichische Justiz und NS-Ver­bre­chen am Beispiel der Engerau-Prozesse 1945 – 1954 (Österreichische Justizgeschichte 2), Wien-Innsbruck-Bozen 2006.Bankverbindung der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz:
    IBAN: AT43 1200 0502 8700 4500
    BIC: BKAUATWW

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